Das Social Justice und Diversity Training geht zurück auf den US-amerikanischen Trainingsansatz Diversity and Social Justice Education (Adams/Bell/Griffith 2007), der an der University of Massachusetts entwickelt wurde und dort seit 1987 als interdisziplinärer Master- und Promotionsstudiengang durchgeführt wird.
Für Deutschland haben Leah Carola Czollek, Heike Weinbach und Gudrun Perko dahingehend überarbeitet, dass er dem hiesigen gesellschaftlichen und historischen Kontext gerecht wird, z.B. durch entsprechende historisch-politische Inputs. Sie haben eigene Methoden entwickelt und in den Ansatz integriert, z.B. die Methode des Dialogs nach dem Modell Mahloquet. Ihr Trainingskonzept begreifen sie als Teil emanzipatorischer Bewegungen und stellen es als Open-Source-Projekt allen Interessierten zur Nutzung und Weiterentwicklung zur Verfügung, so z.B. in der Broschüre „Lernen in der Begegnung“ (PDF).

Social Justice: Wie der Name schon andeutet, gründet sich das Social Justice und Diversity Training auf dem Ziel, Social Justice zu befördern. Hier wird der englische Begriff verwendet, weil er weiter gefasst ist als der deutsche Begriff der sozialen Gerechtigkeit, welcher in der Regel auf die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, Bildungspolitik oder auch Generationengerechtigkeit beschränkt bleibt. „Der Begriff wird in den USA, Großbritannien und anderen Ländern von denjenigen verwendet, die in unterschiedlichen gesellschaftlichen Feldern (Politik, Justiz, Ökonomie, Kunst, Menschenrechte, Frauenbewegung, Jugendarbeit, Antirassismusarbeit, Soziale Arbeit u.v.a.) gesellschaftliche Ausgrenzungen und Diskriminierungen jedweder Art thematisieren, kritisieren und an alternativen, partizipativen, auch ökologisch gerechten Gesellschaftskonzepten arbeiten.“ (Czollek/Weinbach 2008, S. 6). Damit ist der Ansatz offen dafür, jegliche gesellschaftliche Diskriminierungsstruktur in den Blick zu nehmen, mit dem Ziel, dazu beizutragen, diese grundlegend zu verändern. Das Konzept und die politische Praxis des Social Justice Trainings gründen sich auf verschiedene gerechtigkeitsphilosophische Arbeiten (u.a. von John Stuart Mill, Martha Nussbaum, Nancy Fraser, Iris Marion Young und Judith Butler). Zentrale Konzepte in diesem Zusammenhang sind das der Verteilungsgerechtigkeit und das der Anerkennungsgerechtigkeit (vgl. ebd., S. 9).

Für weitere Informationen zum Social Justice und Diversity Training siehe www.social-justice.eu

Intersektionalität: Neben Social Justice und Diversity ist in diesem Konzept der Begriff Intersektionalität bedeutsam. Erstmals formuliert wurde er im Rahmen des US-amerikanischen Schwarzen Feminismus (Crenshaw 1991, Collins 1998) zur Beschreibung des Phänomens, dass Menschen gleichzeitig Angehörige von benachteiligten und machtvollen Gruppen sein können (z.B. als weiße Frau oder Mann aus der Arbeiter_innenschicht) oder auch gleichermaßen mehreren unterdrückten Gruppen angehören können (z.B. als lesbische schwarze Frau ohne Aufenthaltsstatus). Es geht um die Berücksichtigung dessen, dass unterschiedliche Unterdrückungs- und Diskriminierungsformen (als strukturelle Machtverhältnisse) in der Realität ineinander greifen und sich überschneiden können (vgl. Czollek/Weinbach 2008, S. 12). Dabei verstehen sie alle Unterdrückungs- und Diskriminierungsformen als gleich gewichtig und wenden sich dagegen, hier eine Hierarchisierung vorzunehmen (vgl. ebd., S. 22).

Siehe auch das Portal Intersektionalität.

 

Literatur:

  • Adams, M./Bell, L.A./Griffin, P. (Hg.) (2007): Teaching for diversity and social justice. A sourcebook. New York und London
  • Collins, Patrica Hill (1998): It’s All in the Family: Intersections of Gender, Race and Nation. In: Hypatia, 13, 3, 1998, S. 62-82
  • Crenshaw, Kimberle (1991): Mapping the Margins: Intersectionality, Identity Politics and Violence Against Women of Color. In: Stanford Law Review (Special Issue: Women of Color at the Center: Selections from the Third National Conference on Women of Color and the Law)
  • Czollek, L.C./Weinbach, H./IDA e.V. (Hg.) (2008): Lernen in der Begegnung: Theorie und Praxis von Social Justice Trainings, Bonn
  • Czollek, Leah Carola; Perko, Gudrun; Weinbach, Heike (2012): Praxishandbuch Social Justice und Diversity. Theorien, Training, Methoden, Übungen, Weinheim