In ihrem 1993 erstmalig veröffentlichten Buch Pädagogik der Vielfalt (Prengel 2006) beschäftigt Annedore Prengel sich mit Theorie und  Geschichte von Gleichheit und Verschiedenheit. Davon ausgehend analysiert sie die feministische, interkulturelle und integrative Pädagogik in der Bundesrepublik Deutschland. Sie geht der Frage nach, ob und inwiefern pädagogisches Handeln der geschlechtlichen, kulturellen und individuellen Verschiedenheit der Menschen gerecht werden und wie dabei das demokratische Prinzip der Gleichberechtigung verwirklicht werden kann.

Mit der Pädagogik der Vielfalt will sie der Tatsache Rechnung tragen, dass Menschen aufgrund ihres Geschlechts, Alters, (sub)kulturellen Hintergrunds, ihrer körperlichen, geistigen oder gesundheitlichen Situation, aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, ihrer regionalen und schichtspezifischen Herkunft, ihrer religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen, aufgrund ihres jeweiligen Zugangs zu gesellschaftlichen Ressourcen und aufgrund noch vieler anderer Faktoren unterschiedliche Bedürfnisse, Wahrnehmungsweisen, Interessen und (Lern-)Chancen haben, die es im Bildungsprozess zu berücksichtigen gilt. Sie begründet die Notwendigkeit, sich von der Vorstellung eines „Normalschülers“ zu verabschieden – eines „Normalschülers“,  der in der Regel vorausgesetzt wird (wer dieser Norm nicht entspricht, wird auf Sonderschulen geschickt) und gleichzeitig als Erziehungsziel fungiert (wer die Anpassungsleistung nicht schafft bzw. bestimmte Leistungen nicht erbringt, wird ebenfalls ausgesondert).

Ausgehend von ihrer Analyse formuliert sie zentrale didaktische Elemente, die in einer  Pädagogik der Vielfalt Berücksichtigung finden müssten:

  • „Selbstachtung und Anerkennung der Anderen
  • Übergänge: Kennenlernen der Anderen
  • Entwicklungen zwischen Verschiedenen
  • Kollektivität: Gemeinsamkeit zwischen Menschen mit ähnlichen Erfahrungen
  • Innerpsychische Heterogenität
  • Begrenztheit und Trauerarbeit – Entfaltung und Lebensfreude
  • Prozesshaftigkeit
  • Keine Definitionen
  • Keine Leitbilder
  • Aufmerksamkeit für die individuelle und kollektive Geschichte
  • Aufmerksamkeit für gesellschaftliche und ökonomische Bedingungen
  • Achtung vor der Mitwelt
  • Didaktik des offenen Unterrichts, Lernentwicklungsberichte
  • Grenzen, Rituale, Regeln
  • Kinderelend oder ‚Störungen als Chance‘?
  • Selbstachtung und Anerkennung der Anderen in der Rolle der Lehrerinnen und Lehrer
  • Verschiedenheit und Gleichberechtigung als institutionelle Aufgaben“(Prengel 2006, S. 185)

diversity writing berücksichtigt diese Elemente und integriert außerdem verschiedene Grundlagen und Methoden aus dem Kompetenztraining „Pädagogik der Vielfalt“ (Sielert u.a. 2009), das an der Uni Kiel entwickelt wurde, um Studierende in die Pädagogik der Vielfalt einzuführen.

Einen Vortrag von Annedore Prengel zur „Pädagogik der Vielfalt an der Ganztagsschule“ aus dem Jahr 2012 können Sie sich hier anschauen (Teil 23).

Literatur:

  • Prengel, A. (2006): Pädagogik der Vielfalt. Verschiedenheit und Gleichberechtigung in Interkultureller, Feministischer und Integrativer Pädagogik, Wiesbaden
  • Sielert, U./Jaeneke, K./Lamp, F./Selle, U. (Hg.) (2009): Kompetenztraining „Pädagogik der Vielfalt“. Grundlagen und Praxismaterialien zu Differenzverhältnissen, Selbstreflexion und Anerkennung. Pädagogisches Training, Weinheim